Romanbiografie und Kabinett-Ausstellung im Peter-Ulrich-Haus

Der Schauspieler und Kabarettist Tom Pauls (* 1959 in Leipzig) präsentiert jetzt eine literarische Hommage an die sächsische Dichterin und Überlebenskünstlerin Lene Voigt (* 1891 in Leipzig als Helene Wagner; † 1962 ebenda). Mit seiner Romanbiografie »Meine Lene – Eine Liebeserklärung an die Dichterin Lene Voigt« legt er eine literarische Hommage vor.

In einer Lesung stellte Tom Pauls das Werk im Pirnaer Peter-Ulrich-Haus gemeinsam mit dem Autor und Journalisten Peter Ufer vor. Gelesene Auszüge aus dem Buch und einzelne Gedichte untermalte Geiger Florian Mayer musikalisch. Mit dem Buch und der begleitenden Ausstellung im Theater verneigt sich Tom Pauls vor der Schriftstellerin und Dichterin und will »ihr ein Denkmal setzen«.

Ausstellung »Meine Lene« im Peter-Ulrich-Haus
Foto: Daniel Förster

Tom Pauls hat Lene Voigt, die das Sächsische zelebrierte, viel zu verdanken. Er hat ihren »Glassiggern« zu einer Renaissance verholfen. In den 1990er Jahren nahm er sich ihrer Texte an. Seitdem gehört er zu den besten Interpreten ihrer Literatur, ihrer Mundartgedichte, Lieder und Sketche und ihres hintersinnigen sächsischen Witzes. Er hat ihre Figur, die renitente Rentnerin Ilse Bähnert, lebendig gemacht, auf die Bühne und ins Fernsehen gebracht. Sachsens gewitzteste Witwe ist inzwischen Kult, die Bähnerten wurde zum Inbegriff des sächsischen Humors.

Wohl haben sich auch die Familiengeschichten von Tom Pauls und Lene Voigt gekreuzt. Als junger Mann fand Pauls Texte – Oktavhefte mit Gedichten und Miniaturen – der Dichterin im Bücherregal seiner Urgroßmutter. Seine Uroma und Lene Voigt sind sich womöglich in der Heilanstalt im Park-Krankenhaus Leipzig-Dösen begegnet. Nur wenige Kilometer entfernt steht das Elternhaus von Tom Pauls.

In den 1920er und 1930er Jahren hat Lene Voigt den sächsischen Humor populär gemacht. In ganz Deutschland lachte man über den Witz ihrer hintersinnigen Verse in bestem Sächsisch, mit dem sie sich aber vor allem in die Herzen der Sachsen schrieb. Keiner formte wie sie deutsche Klassiker so gut in Mundart. Die Nationalsozialisten verunglimpften das Sächsische Lene Voigts als »unheldisch und jüdisch« und verboten es 1936 als einzige deutsche Mundart. Der Dichterin wurde eine »Verschandelung« der deutschen Klassiker vorgeworfen. Auch in Ulbrichts DDR waren Parodien im sächsischen Dialekt offiziell nicht erwünscht. Lene Voigt geriet in Vergessenheit. Gram über ihr Schicksal führte sie in die Nervenheilanstalt.

Lene Voigts privates Leben wurde von Kummer, Elend und Schmerz geprägt. Es ist ein Frauenschicksal zwischen Kaiserreich, Nazidiktatur und DDR. Seit ihrer Kindheit verfolgten sie tragische Schicksalsschläge. Sie verlor ihr Kind, ihre Ehe scheiterte, ihr Liebhaber starb. Sie floh aus Sachsen nach München, Bremen und Berlin, landete später in der Psychiatrie, die sie, obwohl genesen, in der DDR nicht mehr verließ. Das Schreiben, ihre heiteren und optimistischen Verse, mit denen sie sich immer wieder auf die Seite der Schwachen stellt, gab ihr immer wieder Lebensmut. Es war ein »Überleben mit Humor«. Eine von Tom Pauls und Peter Ufer entdeckte Krankenakte macht die Tragik ihres Lebens deutlich.

Buchpräsentation »Meine Lene« mit Peter Ufer
Foto: Daniel Förster

Wer war diese Lene Voigt, die einerseits heitere Gedichte und Geschichten schrieb und andererseits unter Wahnvorstellungen litt? Tom Pauls begibt sich in dem Buch auf ihren Lebensweg und legt eine Hommage an die bemerkenswerte Dichterin vor, die ihr Schicksal nicht einfach hinnahm, sondern um ihr Glück kämpfte. So ist diese Biographie eine Liebeserklärung sowohl an Lene Voigt als auch an den Lebensmut der Sachsen und ihren Humor. So hat sie es formuliert: Was Sachsen sind von echtem Schlag, die sind nicht tot zu kriegen.“

Die Ilse-Bähnert-Stiftung, eine gemeinnützige Stiftung, die sich der Erhaltung und Pflege der Sächsischen Kultur und Sprache widmet, präsentiert neben dem im Aufbau Verlag Berlin erschienen Buch eine Ausstellung zu Leben und Werk der sächsischen Dichterin Lene Voigt im Tom-Pauls-Theater Pirna. Die Schau in einem separat eingerichteten Zimmer neben dem Peter-Ulrich-Saal im ersten Obergeschoss ist während der Führungen im Peter-Ulrich-Haus, vor und nach sowie in den Pausen von Vorstellungen zu sehen.

Gezeigt werden alle zusammengetragenen Informationen zum Leben Lene Voigts – Originalausgaben und Reprints und einzigartige historische Fotografien. Per Knopfdruck kann man sich von Tom Pauls Verse vortragen lassen. Blickt man aus dem Fenster, schaut man nicht etwa auf den Pirnaer Marktplatz, sondern wie aus einem der möblierten Zimmerchen der Dichterin auf den historischen Leipziger Marktplatz mit dem alten Rathaus.

Text: Daniel Förster


Bericht im MDR »Sachsenspiegel«

Am Montag, den 20. November erschien ein Bericht im MDR »Sachsenspiegel«.


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