Das Zwinger-Trio/-Triell/-Triumvirat präsentierte im Tom Pauls Theater in Pirna das neue Programm »Aufgetaucht!«.
Es gab Zeiten, da trafen sich alte weiße Männer zur »Elefantenrunde« im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und keiner regte sich auf. Das geht heute nicht mehr, rein sprachlich. Eine Frau als »Elefant« zu bezeichnen? Ist ähnlich verwegen, wie im K-Block im Harbig-Stadion in lila-weißer Montur aufzutreten und das Steigerlied zu grölen.
Auch das Zwinger-Trio, immerhin seit 1982 im Geschäft, hat ein Problem. »Trio« klingt aus der Zeit gefallen, es heißt nun »Triell«, wie Peter Harald Kube seinen Kollegen Tom Uwe Pauls und Jürgen Josef Haase beschied, mit denen er nun im Tom Pauls Theater in Pirna zu erleben war. Anlass? Das Trio/Triell/Triumvirat, das erklärtermaßen »keine Infektionsgemeinschaft«, wohl aber eine Interessen- und durchaus auch Spielgemeinschaft ist, hat in den Monaten der abverlangten Bühnenabstinenz ein neues Programm mit dem Titel »Aufgetaucht!« gestrickt.
Am Grundmuster wurde eindeutig nichts geändert. Besucher erwartet anders als bei den Triellen in jüngster Zeit keine floskelgespickte Veranstaltung, sondern die bewährte Mischung aus Musik-Comedy und Clownerie, Politkabarett und »Publikumsbeschimpfung« (mehr eine Publikumsveräppelung). Kube ist der selbsternannte Big Boss der Spötterrunde, Pauls der ewige Zweite und Haase jener arme Hund, der nicht zu Wort kommt und ansonsten gern mal runtergemacht wird.
Es sei kein politisches Programm, stellt Kube zunächst klar, aber das war nicht mehr als bloße Koketterie, denn natürlich waren nicht wenige der »Wortbeiträge allererster und zweiter Wahl« sowie auch etliche der frechspritzigen Lieder durchaus politisch. Man lebt nun mal in Zeiten, in denen noch das Privateste zum Politikum werden kann, aber auch Veränderungen unterworfen ist. Beispiel Sprache. Kube & Co, die ihre Jährchen auf dem Buckel haben und wissen, dass »im Alter der Pachtvertrag mit der Schönheit ausläuft«, versuchen Verständnis zu haben oder wenigstens kurzfristig zu heucheln, finden es als »alte weiße Männer« aber letztlich nicht wirklich blöd, dass die Raucherin nicht auf eine Aschenbecherin zurückgreifen kann.
Und ob Jean-Michel Jarre noch ein Album wie »Magnetic Fields 2« machen könnte? Eher nicht, »was hat das für Strom gezogen«, unkt Pauls, der an anderer Stelle einräumt, früher immer eine Partei gewählt zu haben, »die auch immer gewonnen hat« (um das klarzustellen, die Pointe zielt nicht wirklich auf die SED ab). Vom knackigen Kalauer »Wo sind ihre Bezüge?« – »Im Wäscheschrank!“ in Herricht & Preil-Manier zum bitterbösen Kommentar auf aktuelles Zeitgeschehen wie »Wir müssen anfangen, unsere Biografien zu fälschen, damit wir in höhere Kreise kommen« ist es immer nur ein kleiner Schritt. Man spielt Steuerprüfung – holen will man sich das Geld bei der Mittelschicht, »alle anderen zahlen ja keine Steuer oder sind im Ausland», wie Kube grantelnd stichelt.
Einerseits wird dem Zuschauer gern ans Portepee gefasst, jeder kann schließlich das Seine dazu beitragen, dass der Alltag nicht komplett zum »Inbegriff individueller Verrottung« gerät. Andererseits wird immer wieder auch an den mündigen Bürger appelliert. Als solcher müsse man beispielsweise durchaus nicht immer mitklatschen, wenn alle klatschen, was nicht nur in der »Systemzeit« Usus war, sondern auch in der »Bevormundungsdemokratie« von vielen gern praktiziert wird. »Der Weg der Einsicht führt oft über die abgerissenen Brücken der Freiheit«, lässt das Zwinger-Trio auf der Homepage des Tom Pauls Theaters wissen. »Was für ein Satz, in einem Unterhaltungsprogramm!« merkte man mit nicht allzu großer Bescheidenheit an, mag man auch über manche Position, die mal mehr, mal weniger verklausuliertvorsichtig bezogen wird, diskutieren können.
Christian Ruf, Dresdner Neueste Nachrichten vom 25. September 2021